Kirche von 1117

Allrath-aus-Dingstuhlkarte
Die erste Kirche 

Wenn man die Allrather Kirche durch den Haupteingang betritt, findet man rechts an der Umfassungsmauer eine Tafel mit den Jahreszahlen 1117 – 1792 – 1965. Diese bilden den geschichtlichen Rahmen für das Dorf und seine Kirche, wie er sich anhand des Gründungsweihesteins der ersten Kirche sowie bekannter Urkunden und Veröffentlichungen darstellen lässt.

 

Erbaut für 675 Jahre

Giersberg berichtet in seiner Dekanatsgeschichte von 1883 über diese erste im Jahr 1117 geweihte Kirche im romanischen Stil mit zwei Altären. In der Nähe der Kommunionbank befand sich an der Epistelseite ein steinernes Sakramentshäuschen. Zur Unterhaltung des Hauptschiffes war das Kapitel von Jülich verpflichtet, die Gemeinde für die Nebenschiffe und den Turm. Nach dieser Beschreibung muss es sich bereits um eine etwas größere Kirche gehandelt haben. Sie wurde in der Mitte des Dorfes direkt neben dem Markt  errichtet. Die Mauern waren wohl aus Stein, ansonsten waren die Kirchen der damaligen Zeit relativ schmucklos. Leider gibt es keine Abbildung aus jener Zeit. Die Zeichnung der Allrather Kirche in der ca. 1660 entstandenen Dingstuhlkarte von Grevenbroich hat wohl mehr symbolhaften Charakter, gleichwohl könnte sie so oder ähnlich ausgesehen haben.

Der 1999 in Barrenstein wiedergefundene Gründungsweihestein (siehe separates Kapitel) gibt in seiner Inschrift ganz klar das Jahr der Weihe an, das bis dahin lediglich durch schriftliche Quellen überliefert war: 1117. Es darf darüber spekuliert werden, ob dies wirklich die erste Kirche in Allrath war oder ob es möglicherweise einen Vorgängerbau gab. Sie könnte durchaus auch ältere Wurzeln haben, denn die Altäre enthalten mit Pankratius, Vitus und Margarete sämtlich Reliquien stadtrömischer Märtyrer, die seit der Zeit Otto I. (936-973) Verehrung fanden. Da auf dem Weihestein der Name des heiligen Matthäus nicht erwähnt ist, wird dieser erst in späteren Jahren zum Pfarrpatron gewählt worden sein. Das diesbezügliche Datum ist derzeit nicht bekannt.

Patronatsrechte

Der Name des Allrather Pfarrers bei der Einweihung im Jahr 1117  ist nicht überliefert und auch nicht die seiner unmittelbaren Nachfolger in den 179 Jahren danach. Erst 1296 wird erstmals ein Pastor Johannes als Inhaber der Allrather Pfarrei erwähnt, ein Verwandter des Grafen Walram von Kessel. Sein Nachfolger wurde 1312 im Alter von 19 Jahren Heinrich von Jülich, ein Halbbruder des Grafen Wilhelm von Jülich und Stiefbruder des Kölner Erzbischofs Walram. Erst 1329 wurde er zum Priester geweiht. Er war gleichzeitig auch Kanoniker in Aachen und im Kölner Marienstift und erscheint in Urkunden 1334 als Propst von St. Andreas in Köln.

Zu dieser Zeit gehörte Grevenbroich zur Mutterpfarrei Allrath, und es verblieb selbst noch 1297, als das Wilhelmitenkloster in Grevenbroich gegründet wurde, bei diesem Verband. In älterer Literatur wird für die Lösung dieses Tochterverhältnisses zu Allrath das Jahr 1378 genannt, als Grevenbroich zur Pfarre erhoben und dem dortigen Kloster inkorporiert worden sein soll. Weiterführende Recherchen von Prof. Kirchhoff gehen inzwischen jedoch davon aus, dass es sich hierbei um einen Irrtum handelt. Heinrich von Jülich hatte nämlich bereits 1332 –  während seiner Amtszeit als Allrather Pfarrer – dafür gesorgt, dass die Grevenbroicher Kapelle zur Pfarrkirche erhoben wurde. Er wollte mit diesem Schritt die Probleme seiner Grevenbroicher Schäfchen, die ihm hinsichtlich des weiten Weges nach Allrath ständig in den Ohren lagen, beseitigen. Dies widerrief jedoch 1338  sein Bruder, Erzbischof Walram von Jülich, weil dadurch die Einkünfte des neuen Allrather Pfarrers (Heinrich von Jülich war 1336 gestorben), die er für die Dotierung des Jülicher Stifts Nideggen benötigte, geschmälert wurden. Grevenbroich blieb also weiter Filiale von Allrath. Dies sollte sich erst viele Jahre später ändern, wie aus den Berichten der  landesherrlichen Visitationen von 1550 und 1560 (siehe sep. Kapitel) hervorgeht. Dort wird die Grevenbroicher Kirche noch ausdrücklich als Kapelle unter der Mutterkirche Allrath bezeichnet. Es heißt dort:

1550:  Capell under der moderkirche Alden Raid vurmals gehoerich, aber dem convent Grevenbroich incorporiert uber 100 jair und lenger.

1560:  Capella under Aldenrode.

Demzufolge muss das Datum dieser zweiten Grevenbroicher Pfarrerhebung nach 1560 liegen, ist aber bisher nicht konkret durch Urkunden zu belegen. Unabhängig von diesen Vorgängen wurde die Seelsorge in der Stadt jedoch bereits seit dem 15. Jahrhundert von den Mönchen des Wilhelmitenklosters ausgeübt. Diese Bestrebungen lassen erahnen, wie sehr es den  Herrschenden auch im kirchlichen Bereich um Machterhalt und Mehrung ihrer Pfründen ging.

Das anfänglich bei den Grafen von Kessel liegende Patronat der Pfarre zu Aldenrath ging 1304 auf die Grafen von Jülich über. Auf St. Katharina-Abend im Jahre 1345 schenkte Markgraf Wilhelm von Jülich dann mit Einwilligung seiner Gemahlin Johanna von Hennegau dem Kollegiatstift zu Nideggen dieses Patronatsrecht. Auf Bitten des Propstes Heinrich, des Dechanten Godart und des ganzen Capitels von Nideggen bestätigte Erzbischof Walram 1347 diese Schenkung und setzte die Einkünfte des Vicecuraten der Pfarre fest. Mit der Verlegung des Stifts nach Jülich im Jahr 1550 ging auch das Patronatsrecht auf das dortige Stiftscapitel über. Dasselbe besaß auch den Zehnten, der an drei Halbwinner verpachtet war, die dem jeweiligen Pastor alljährlich nur einige Malter Frucht abzuliefern hatten. Im 15. Jh. gehörte Allrath kirchlich zum Erzbistum Köln und lag im Archidiakonat des Kölner Dompropstes im Dekanat Bergheim.

Auch in früheren Zeiten machten Diebe nicht vor einer Kirche Halt. Am Anfang der Fastenzeit des Jahres 1738 wurde in die Allrather Kirche eingebrochen und „zwei Kelche, das Gefäß für das heilige Öl, neue und alte Pollen mit einem Credenzteller von Silber und ein Communikantenbecher“ geraubt. Ersatz für die Gestaltung der hl. Messe besorgte man sich aus der Kapelle in Barrenstein, die damals noch kirchlich zu Oekoven gehörte.